„Ich fühle luft von anderem planeten“

Kraftvoll, feierlich, mit viel Schwung und im Grundton der Freude wurde am 26. Januar Frau Oberstudiendirektorin Anna Meyer offiziell verabschiedet.

Eine große Prise Wehmut ist zu spüren in der Aula des Lina-Hilger-Gymnasiums, aber wie ein Schlusstakt fühlt sich nicht an, was hier gespielt wird. Mit „Smooth“, „I’m Still Standing“ und „Skyfall“ begrüßt uns die Big Band und während sich die Gänsehaut ausbreitet, ahnt man schon, dass heute keine staubigen Reden im Mittelpunkt stehen. „Kurz und kurzweilig“ soll es werden, verspricht Gaby Hübscher, die stellvertretende Direktorin, in ihrer einleitenden Rede. Sie hält Wort, und noch dazu bringen ganz besondere musikalische Darbietungen die Seelen der Zuschauer zum Klingen. Sven Tullius spielt meisterhaft ein Klavierstück von Chopin und die Bühne ist fast zu klein, als der große Chor zusammen mit den Chorklassen der 5. und 6. Stufen das Lied „A Million Dreams“ anstimmt.

 

Stellvertretend für alle Künste nimmt die Musik den Raum ein, nicht nur durch unmittelbare Klänge, sondern auch metaphorisch. Dabei setzen die Redebeiträge unterschiedliche Schwerpunkte, doch schnell wird klar, dass sie alle um ein gemeinsames Zentrum kreisen. Sie alle stellen die Menschen in den Vordergrund, die Schule leben und gestalten. Allen voran die Schülerinnen und Schüler, die sich in der Schule gut aufgehoben, gefördert und wertgeschätzt fühlen sollen, die durch ihre Ideen, Wünsche und vielfältigen Persönlichkeiten die Schule prägen. Aber auch die Familien, die uns im Alltag unermüdlich unterstützen und begleiten. Die Lehrerinnen und Lehrer, die in der Auseinandersetzung mit Kunst, Literatur und Wissenschaft jungen Menschen den Blick öffnen möchten für die Möglichkeiten einer kreativen, aktiven Teilhabe. Die Schulleitungen, die große Verantwortung auf sich nehmen und viel Kraft investieren, um Schulen zu navigieren. Und auch die Menschen in der Verwaltung, die hierbei unterstützen. Vom knarzenden Klappsitz der Lihi-Aula aus kann man klar heraushören, dass Schule da lebt, wo wir uns als Menschen begegnen, und dass genau diese Begegnung Frau Meyer während ihrer Zeit als Lehrerin und als Schulleiterin ein zentrales Anliegen war. 

 

„Ich fühle luft von anderem planeten“*, fasst Frau Meyer ihre Stimmung zusammen und als sie die Bühne betritt, hält sie eine silberfarbene Stimmgabel in der Hand. Ein Geschenk, erklärt sie, das sie vor über 14 Jahren zum Antritt ihrer Stelle als Schulleiterin erhalten habe. Ein kleines, unscheinbares Werkzeug, das doch zuverlässig dabei helfen kann, sich im oft herausfordernden Schulalltag auf den richtigen Grundton zu besinnen. Auf den Grundton, der Schule beseelt und zu einem guten Ort des Miteinanders macht. Zum Ende ihrer Amtszeit überreicht Frau Meyer die kleine Stimmgabel Herrn Hammer, zusammen mit einer handschriftlichen Notiz aus dem Jahre 1911, verfasst von unserer Schulgründerin: „Viel Glück wünscht Lina Hilger“. Ein vielversprechender Auftakt, denke ich in diesem Moment, für den nächsten Satz der Lihi-Symphonie.

 

 

 

 

*Der Vers stammt aus dem Gedicht „Entrückung“ von Stefan George und wurde in der entsprechenden Schreibung übernommen. 

Geschrieben von Esther Christ