Eine große Prise Wehmut ist zu spüren in der Aula des
Lina-Hilger-Gymnasiums, aber wie ein Schlusstakt fühlt sich nicht an, was hier
gespielt wird. Mit „Smooth“, „I’m Still Standing“ und „Skyfall“ begrüßt uns die
Big Band und während sich die Gänsehaut ausbreitet, ahnt man schon, dass heute
keine staubigen Reden im Mittelpunkt stehen. „Kurz und kurzweilig“ soll es
werden, verspricht Gaby Hübscher, die stellvertretende Direktorin, in ihrer
einleitenden Rede. Sie hält Wort, und noch dazu bringen ganz besondere
musikalische Darbietungen die Seelen der Zuschauer zum Klingen. Sven Tullius
spielt meisterhaft ein Klavierstück von Chopin und die Bühne ist fast zu klein,
als der große Chor zusammen mit den Chorklassen der 5. und 6. Stufen das Lied „A
Million Dreams“ anstimmt.
Stellvertretend für alle Künste nimmt die Musik den Raum
ein, nicht nur durch unmittelbare Klänge, sondern auch metaphorisch. Dabei
setzen die Redebeiträge unterschiedliche Schwerpunkte, doch schnell wird klar,
dass sie alle um ein gemeinsames Zentrum kreisen. Sie alle stellen die Menschen
in den Vordergrund, die Schule leben und gestalten. Allen voran die
Schülerinnen und Schüler, die sich in der Schule gut aufgehoben, gefördert und
wertgeschätzt fühlen sollen, die durch ihre Ideen, Wünsche und vielfältigen
Persönlichkeiten die Schule prägen. Aber auch die Familien, die uns im Alltag
unermüdlich unterstützen und begleiten. Die Lehrerinnen und Lehrer, die in der
Auseinandersetzung mit Kunst, Literatur und Wissenschaft jungen Menschen den
Blick öffnen möchten für die Möglichkeiten einer kreativen, aktiven Teilhabe.
Die Schulleitungen, die große Verantwortung auf sich nehmen und viel Kraft
investieren, um Schulen zu navigieren. Und auch die Menschen in der Verwaltung,
die hierbei unterstützen. Vom knarzenden Klappsitz der Lihi-Aula aus kann man
klar heraushören, dass Schule da lebt, wo wir uns als Menschen begegnen, und
dass genau diese Begegnung Frau Meyer während ihrer Zeit als Lehrerin und als
Schulleiterin ein zentrales Anliegen war.
„Ich fühle luft von anderem planeten“*, fasst Frau Meyer
ihre Stimmung zusammen und als sie die Bühne betritt, hält sie eine silberfarbene
Stimmgabel in der Hand. Ein Geschenk, erklärt sie, das sie vor über 14 Jahren
zum Antritt ihrer Stelle als Schulleiterin erhalten habe. Ein kleines,
unscheinbares Werkzeug, das doch zuverlässig dabei helfen kann, sich im oft
herausfordernden Schulalltag auf den richtigen Grundton zu besinnen. Auf den
Grundton, der Schule beseelt und zu einem guten Ort des Miteinanders macht. Zum
Ende ihrer Amtszeit überreicht Frau Meyer die kleine Stimmgabel Herrn Hammer,
zusammen mit einer handschriftlichen Notiz aus dem Jahre 1911, verfasst von
unserer Schulgründerin: „Viel Glück wünscht Lina Hilger“. Ein
vielversprechender Auftakt, denke ich in diesem Moment, für den nächsten Satz
der Lihi-Symphonie.
*Der Vers stammt aus dem Gedicht „Entrückung“ von Stefan
George und wurde in der entsprechenden Schreibung übernommen.
Geschrieben von Esther Christ